Holger Guck
Was kann ich Gutes für Sie tun?
VON DER TELLERWÄSCHERIN ZUR PREISGEKRÖNTEN KABARETTISTIN
Eichhofen ist bekannt für seine Brauerei, aber nicht nur. Eine gebürtige Eichhofenerin startet aktuell bundesweit auf den Kleinkunstbühnen durch. Die Kabarettistin Eva Karl Faltermeier kennt in Eichhofen jeden Winkel. Ihr erstes Geld hat sie in unserem Brauereigasthof verdient. Und dort haben wir uns mit ihr und ihrem Vater getroffen. Josef Karl war 2. Bürgermeister von Nittendorf und lange Zeit Sprecher der Regierung der Oberpfalz. Ihr Talent hat sie von ihm, sagt Eva Karl Faltermeier.
In zwei launigen Stunden haben die beiden uns u.a. erzählt, warum Fürst Albert von Thurn und Taxis als Kind regelmäßig in Eichhofen gespielt hat. Warum die verlorene Wahl zur Bayerischen Bierkönigin ein großes Glück war und warum die Mutter mit dem Kabarett-Programm ihrer Tochter so ihre Schwierigkeiten hat.
Wenn wir schon im Brauereigasthof sitzen, liegt die erste Frage auf der Hand: Haben Sie ein Lieblingsbier?
EKF: Klar, mein Lieblingsbier ist das Eichhofener Dunkle und beim Papa ist es das Märzen…
JK: Nein, das leichte Helle…
EKF: Ich trinke wirklich sehr gerne Bier, aber das geht im täglichen Leben natürlich nicht ständig. Generell bin ich nicht so, dass ich Bier trinke, um besoffen zu werden. Da hab‘ ich manchmal nichts dagegen, aber ich überglorifiziere den Rausch nicht. Mir schmeckt halt wirklich das Bier. Ich fänd´s fast besser, wenn es langsamer wirken würde. Denn dann könnte ich mehr trinken als z.B. vom alkoholfreien Bier. Oft höre ich auf zum Trinken und denke mir „Schod, jetzt hätt‘ mir noch eins geschmeckt. Aber i wird‘ dann so bsuffa, dass es nimmer geht.“ Der Geschmack ist für mich da wirklich absolut vorrangig. Außerdem vertrage ich Bier tatsächlich wahnsinnig gut, im Gegensatz zum Wein. Davon bekomme ich immer Sodbrennen. Und nach dem Auftritt trinke ich gerne mal ein Weißbier, das ist meine persönliche Belohnung.
Pö: Apropos Auftritt. Sie haben einen sicheren Job in der Pressestelle der Stadt Regensburg gekündigt, um sich als Kabarettistin selbständig zu machen. Dann kam Corona, aber jetzt läuft‘s für Sie. Ihre Auftritte sind meist ausverkauft, Sie sind regelmäßig im Fernsehen, haben diverse Preise gewonnen und auch noch ein Buch geschrieben. Aber Sie sind immer noch eng mit Eichhofen verbunden?
EKF: Klar, ich bin in Eichhofen aufgewachsen und habe hier gewohnt bis ich 19 war. Gefühlte eineinhalb Tage nach dem Abitur bin ich weggezogen. Und natürlich habe ich eine besondere Beziehung zum Dorf. Als Kind hat man den Ort schnell erschlossen, er ist ja nicht so groß. Ich kenn‘ jeden Garten und jeden Winkel in Eichhofen. Wir haben praktisch auch jeden Tag im Schlossgarten gespielt. Der Vater vom Michel (Anmerk. der Red.: Vater des Brauereichefs) hat uns einfach übersehen und so getan als wären wir nicht da, obwohl da etwa 20 Kinder in seinem Garten gespielt haben. Jeder andere wäre ausgeflippt.
Später habe ich dann im Gasthof in der Küche gearbeitet. Im Studium habe ich hier immer wieder gejobbt, bei Brauereifesten oder Hochzeiten ausgeholfen. Der Gasthof war quasi meine Geld- und meine Bierquelle.
Ich hab‘ auch kurzzeitig bedient. Aber mein Servicegedanke ist nicht besonders ausgeprägt. Außerdem kann ich schlecht balancieren und schlecht Kopfrechnen. In der Küche beim Pfannenschrubben habe ich mich einfach immer viel wohler gefühlt. Bedienen hat mich gestresst, ich war angespannt und habe mich immer so auf dem Präsentierteller gefühlt. Was im Nachhinein natürlich lustig ist. Jetzt bin ich beruflich die ganze Zeit auf dem Präsentierteller, aber ich muss währenddessen nichts balancieren.
Pö: Sie haben ja noch eine weitere besondere Beziehung zum Bier. Sie wären fast Bierkönigin geworden, aber leider nur fast.
EKF: Stimmt. Aber eigentlich war das so dann sogar gut, weil ich danach im Anschluss gleich schwanger war. Das hat sich um zwei Tage überlappt, die Bewerbung als Bierkönigin und die Schwangerschaft.
In der Online-Abstimmung hatte ich den ersten Platz geschafft. Vor Ort war‘s dann schwierig, das haben wir nicht so in der Gewalt gehabt, da hat’s andere Mächte gegeben. Wir Oberpfälzerinnen sind ja eher zurückhaltend und ich habe mich mit der Jury nicht so gut verstanden wie manch andere.
Pö: Würden Sie es denn noch mal machen wollen?
EKF: Also die Schwangerschaft habe ich dann nochmal gemacht (lacht laut) und Bayerische Bierkönigin find ich schon super. Man kommt viel rum, man kann für ein wirklich gutes Produkt werben und trifft viele Menschen. Da hätte ich auf jeden Fall Lust drauf, und da weiß ich auch, dass ich das könnte. Aber ich glaube, das wird jetzt nichts mehr, die würden mich nicht mehr nehmen. Die haben gemerkt, dass ich durchaus eine ironische Person bin. Ich glaube, deshalb haben die ein bisschen Schiss gehabt, dass da jetzt eine ist, die eine große Klappe hat.
Pö: Herr Karl, haben Sie damit gerechnet, dass Ihre Tochter die Wahl zur Bierkönigin gewinnt?
JK: Ich habe gehofft, dass sie nicht gewinnt. Ich war damals in München dabei und habe zu meiner Frau gesagt, hoffentlich wird’s Zweite. Und neben uns saßen Eltern von einer anderen Kandidatin und die haben auch gesagt: „Mei, hoffentlich wird’s die unser net.“
Ich wäre aber natürlich ein wenig stolz gewesen und für die Brauerei Eichhofen wär´s auch nicht falsch gewesen. Aber wir haben die Folgen befürchtet, die auf die Familie zukommen. Da haben wir von der Schwangerschaft noch gar nichts gewusst.
EKF: Die kam für mich auch völlig unerwartet. Zwei Monate davor hat mir mein Endokrinologe noch gesagt, ich könnte es total vergessen schwanger zu werden. Ich habe zu viel von einem männlichen Hormon gehabt. Die Werte wurden jeden Monat überprüft und die waren immer schlecht. Während der Bierköniginnen-Wahl waren meine Hormone aber wunderbar.
Der Arzt hat dann gefragt: „Was haben Sie denn anders gemacht?“ Ich hatte für meine Verhältnisse einfach jeden Tag unfassbar viel Bier getrunken. Normalerweise mach ich nach zwei Halben Schluss.
Pö: Warum muss man für die Wahl zur Bierkönigin vorher eigentlich so viel Bier trinken?
EKF: Zum Trainieren. Bei der Wahl muss man auf der Bühne blind Bier verkosten und muss dann z.B. sagen „Ah, das ist ein Grünhopfen-Pils“. Und man ist im Vorfeld der Wahl schon bei vielen Veranstaltungen und muss zeigen, dass man gerne Bier trinkt.
Pö: Die Bierköniginnen-Wahl hat Ihnen also zu einer glücklichen Schwangerschaft verholfen. Nach der Wahl gab es allerdings noch einen kleinen Skandal, weil Prinz Albert von Thurn und Taxis sich für Sie stark gemacht hat.
EKF: Also, Albert und ich kennen uns seit der Grundschule und waren danach noch lange auf Facebook befreundet. Und er hat bei der Wahl mitgefiebert, wie fast alle, die ich kenne. Als ich nur Vierte geworden bin, hat er mit gespielter Empörung auf Facebook geschrieben: SchIEBunG. Jeder, der das Internet beherrscht, weiß, dass das ironisch ist. Die Mama der Siegerin, selber Brauereibesitzerin, hat sich dann aber sofort öffentlich aufgeregt. Das Wochenblatt hat sich auch bei mir gemeldet und ich hab‘ nur gesagt „I sog da gar nix dazu.“ Minuten vorher habe ich nämlich meinen positiven Schwangerschaftstest in der Hand gehabt.
Pö: Also Bierkönigin sind Sie nicht geworden, aber als kleines Mädchen haben Sie immerhin mit einem Prinzen gespielt. Wie kam es denn, dass der Sohn von Fürstin Gloria in Nittendorf zur Schule gegangen ist und nicht in Regensburg?
JK: Auch seine beiden Schwestern sind in Nittendorf zur Schule gegangen. Damals war die Gefährdungslage halt so. Terrorismus und Entführungen waren brisante Themen. Und nach Nittendorf sind die fürstlichen Kinder gekommen, weil direkt neben der Grundschule die Polizeiinspektion ist. Die sind mit einem Panzer-Mercedes und Bodyguards zur Schule gefahren. Und die Bodyguards saßen dann bei uns im Wohnzimmer, wenn der Albert mit der Eva gespielt hat.
EKF: Wir haben viel Fußball gespielt und Schmarrn gemacht. Ich war auch oft im Regensburger Schloss. Fürstin Gloria war eine coole Mama, das muss man schon sagen. Unsere Eltern waren relativ streng, und die Fürstin war damals noch nicht so konservativ wie heute. Die hat mit uns Zeug gemacht, das war richtig witzig.
JK: Die Bild-Zeitung hat das damals auch irgendwie spitz gekriegt. Die haben bei mir in der Arbeit angerufen und gefragt, ob ich der Vater von dem Mädel bin, das neben Prinz Albert in der Schule sitzt. Und dann hat der mich nach den Zeugnisnoten von dem Buben gefragt, Zitat: „Das würden wir uns nicht wenig kosten lassen.“ Ich hab‘ natürlich nix gesagt, ich wusste auch nix.
EKF: Den Aufmacher hatten die wahrscheinlich schon im Kopf gehabt: „Kann Fürstin das Vermögen halten? Sohn hat nur eine Drei in Mathe…“
Wir haben immer eingebläut gekriegt: „Wenn di jemand übern Albert ausfragt, sog koa Wort und behandel ihn ganz normal.“. Wir haben uns aber auch wirklich gut verstanden, weil wir beide solche Blödler waren.
Pö: Und jetzt „blödeln“ Sie beruflich. Herr Karl waren Sie nervös, als Sie Ihre Tochter das erste Mal auf der Bühne gesehen haben?
JK: Oh ja, da war ich schon nervös. Weil ich mir gedacht hab „Mein Gott, wird des jetz‘ a Krampf wern? Machen wir uns alle lächerlich?“
EKF: Ich war mir da auch nicht sicher…
JK: Ein bissl ein ungutes Gefühl hab‘ ich schon gehabt. „Muss das jetzt alles sein“, hab` ich mir gedacht. Aber jetzt bin ich ganz zufrieden.
EKF: Er ist auch öfter dabei als die Mama. Weil, die packt das gar nicht. Die ist so nervös und schämt sich auch. Und meine Mama, die würd‘ zensieren wollen. Da gibt es z.B. eine Szene, wo meine Mutter im Stück, die ja nicht sie ist, Ameisen abflammt im Garten. Und da schreit sie halt Beleidigungen auf die Ameisen und das hören die Zeugen Jehovas, die vorm Haus stehen. Die Beleidigungen sind sehr züntig. Und mit der Szene kommt meine Mutter überhaupt nichtklar.
Pö: Mit Ihrem ersten Kabarett-Programm „Es geht dahi“ sind Sie in ganz Deutschland unterwegs. Haben Sie für Auftritte beispielsweise in Hamburg oder Köln eine Hochdeutsch-Version oder gibt’s eine Art Untertitel?
EKF: Das mit den Untertiteln ist tatsächlich eine gute Idee. Da habe ich mir auch schon überlegt, ob ich das beim zweiten Programm gagmäßig einbaue. Ich habe mir inzwischen eine hochdeutsche Version vom Programm angeeignet. Die ist nicht ganz so gut wie die bayerische. Im zweiten Programm werde ich das von Anfang an anders anlegen. Nachdem ich den Prix Pantheon gewonnen habe (Anmerk, der Red: einer der wichtigsten deutschen Kabarett-Preise) sind wahnsinnig viel Buchungen aus dem Norden gekommen.
Pö: Mit dem Bühnenprogramm und zwei Kindern scheinen Sie noch nicht ausgelastet zu sein. Sie haben auch noch ein Buch geschrieben: „Der Grant der Frau“. Wer ist denn der größte Grantler oder die größte Grantlerin, den/die Sie kennen?
EKF: schaut grinsend zum Vater…
JK: Unabhängig vom weiblichen und männlichen Grant- der Grant selber ist etwas, wo man sich wunderbar bewegen kann. Du kannst dich verstecken im Grant, wenn du nicht reden magst. Wenn du nicht willst, dass dich irgendjemand voll labert, dann spielst‘ den Grantigen, dann hast du deine Ruhe. Du kannst aber mit Grant auch was durchsetzen, nach dem Motto: „Ah, jetzt gibst‘ as eam, damit er endlich amol stad is.“
Pö: Und wie unterscheidet sich der Grant der Frau vom Grant des Mannes?
EKF: Ich habe in dem Buch kurze Geschichten geschrieben, warum Frauen grantig sein können. Weil grundsätzlich sind Frauen ja eher positiv gegenüber allem eingestellt. Wir haben eine andere Herangehensweise, aber natürlich auch andere Herausforderungen.
Beispielsweise sind wir immer noch nicht gleichberechtigt. Damit werden wir einfach jeden Tag konfrontiert, ob man will oder nicht. Und das wollte ich halt mal erklären. Wenn wir mal grantig sind, dann sind wir nicht so anders als die Männer. Aber in der Gesellschaft wird es anders wahrgenommen. Über Frauen heißt es dann, das ist eine Scharfe, Böse, Hantige, hat Haare auf den Zähnen. Beim Mann heißt‘s nur „Mei, is‘ halt a Grantler.“ Das wird immer so verniedlicht.
Frauen haben aber eigentlich viel mehr Gründe grantig zu sein. Schon allein, dass wir einmal im Monat unsere Periode haben. Wir müssen Kinder auf die Welt bringen, sonst geht es nicht weiter mit der Evolution. Wir bekommen weniger Geld, werden nirgends mit genannt - aber wehe wir sagen irgendwas. Dann ist die empfindsame Männerseele beleidigt. Das war mir wichtig zum Zeigen. Ich hoffe, dass das Buch irgendwann irrelevant wird. Dass die Leute irgendwann sagen: „Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen, dass Frauen mal anders bezahlt worden sind.“ Das mit der Geburt wird uns aber bleiben, wahrscheinlich.
Pö: Ihr Buch liegt noch gar nicht so lange in den Buchläden. Das zweite ist aber auch schon in Planung. Wovon handelt das?
EKF: Ich schreibe an einem Buch über unperfekte Mütter - solche wie mich. Die auch mal sagen: „Das ist in Ordnung, wenn ich komplett versage. Die Kinder werden trotzdem groß.“ Ich habe da einen großen Erfahrungsschatz.
Pö: Wie stemmen Sie denn Ihren Alltag als alleinerziehende Mutter mit zwei kleinen Kindern und nebenbei stehen Sie auch noch bundesweit als Kabarettistin auf der Bühne?
EKF: Ich vernachlässige die Kinder (lacht lang und laut). Die rennen hauptsächlich im Dorf umeinander und ich habe Gott sei Dank auch in der Familie viel Rückhalt und auch ein gutes Verhältnis zu meinem Ex-Mann.
Pö: Ist auch ein neues Bühnen-Programm geplant?
EKF: Ja, das heißt „Taxi“ und kommt im Dezember. Premiere ist im Lustspielhaus, hoffentlich. Es sei denn, es kommt die 42.Corona-Welle…